Auch im Verfahrensablauf soll deutlich werden, dass nicht der Streit der Eltern, sondern das Kindeswohl im Vordergrund steht. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (abgekürzt: FamFG). Das 2009 in Kraft getretene FamFG hat viele Verfahrenselemente, die zuvor von Initiativen wie der „Cochemer Praxis“ oder „Elternkonsens“ entwickelt worden waren, zu gesetzlichen Vorgaben gemacht (beispielsweise der frühe Erörterungstermin bei Gericht binnen eines Monats).
Die Grundsätze des Elternkonsens schreiben keine überregional festgelegte Verfahrensweise vor, vielmehr soll in Zusammenarbeit und Vernetzung aller beteiligten Berufsgruppen auf örtlicher Ebene eine für die jeweiligen lokalen Verhältnisse geeignete Verfahrensweise entwickelt werden. Viele Arbeitskreise im Land haben sich jedoch auf die folgenden Kernpunkte der Verfahrenspraxis Elternkonsens geeinigt:
- Die Antragsschrift an das Gericht wird auf das Notwendigste beschränkt. Hierzu gehören eine kurze, konzentrierte Sachverhaltsdarstellung ohne persönliche Vorwürfe und der eigentliche Antrag. Eine Erwiderung des Antragsgegners ist vor dem Termin entbehrlich. Grundsätzlich beschränken sich die Anwältinnen und Anwälte auf eine knappe Darstellung der Tatsachen; es soll vermieden werden, dass der Streit weiter eskaliert.
- Das Gericht terminiert kurzfristig, nach § 155 Absatz 2 FamFG binnen eines Monats nach Eingang des Antrags. In dem Gerichtstermin erhalten beide Elternteile ausreichend Gelegenheit, alle Punkte vorzubringen, die sie für wesentlich halten.
- Das Jugendamt wird sofort in das Verfahren eingebunden und nimmt an dem ersten Gerichtstermin teil. Zuvor führt der zuständige Mitarbeiter Gespräche mit beiden Elternteilen und den Kindern. Teilweise haben Gericht und Jugendamt verabredet, dass ein schriftlicher Bericht des Jugendamtes nicht erforderlich ist.
- Alle am Verfahren beteiligten Berufsgruppen wirken während des ganzes Verfahrens auf ein Einvernehmen der Eltern hin.
- Kommt eine Einigung im ersten Gerichtstermin nicht zustande, wird den Eltern kurzfristig eine Beratungsmöglichkeit eröffnet.
- Viele Gerichte setzen sogleich einen Folgetermin fest, um das Verfahren zügig weiterbetreiben zu können, wenn die Eltern auch in der Beratung keine Einigung finden.
In der großen Mehrzahl der Fälle gelingt es auf diese Weise, entweder bereits im ersten Termin oder während der Beratung eine von den Beteiligten auch innerlich akzeptierte, einvernehmliche Lösung zu finden.
Die besondere Verfahrensweise Elternkonsens wird im Land nicht schematisch auf alle Fälle angewandt. In besonderen Situationen, zum Beispiel bei drohender Kindeswohlgefährdung im Zusammenhang mit Gewalt in der Familie oder bei sexuellem Missbrauch, stößt die Verfahrenspraxis an ihre Grenzen. Eine enge Zusammenarbeit der beteiligten Berufsgruppen vor Ort ermöglicht in diesen Fällen eine flexible Reaktion und die Wahl einer für den Einzelfall passenden Verfahrensweise.